Morbus Bechterew

Zu jung für Kreuschmerzen

Unersuchung

Mein Weg zur Diagnose als junge „Bechterewlin“

Der Aufruf unter „Die jungen Seiten“ auf unserer Homepage hat mich ermutigt, meine Erfahrungen als junge Bechterewlin mit euch zu teilen. Vielleicht erkennt sich ja der (oder die) ein oder andere in meinen Schilderungen wieder – und, wie sagt man so schön – geteiltes Leid ist halbes Leid.

Aber erstmal möchte ich mich vorstellen: Mein Name ist Nicole, ich bin 26 Jahre alt, arbeite als Sozialpädagogin und lebe – als gebürtige Steirerin –mit meinem Ehemann in Niederösterreich. Meine Interessen sind vielseitig: Ich schreibe gerne, male, spiele Gitarre, ich bin ein Film- und Serienjunkie und ich liebe es, mich bei sogenannten HIIT’s (High-Intensity-Intervall-Trainings) auszupowern. Allseits bekannt ist meine Lebensfreude – diese wurde allerdings ab Sommer 2013 auf eine harte Probe gestellt…

Zu dieser Zeit wachte ich erstmalig mit Schmerzen im unteren Rücken auf. Zunächst dachte ich mir nicht viel dabei. Auch, als die Schmerzen bestehen blieben, machte ich mir nicht allzu große Gedanken. Ich vermutete eine einfache Verspannung. Da die Schmerzen bloß beim Aufwachen bestanden und (noch) relativ gut zu verkraften waren, unternahm ich zu diesem Zeitpunkt nichts.

Ruecken2.3

Nach einem Jahr wurden die Schmerzen stärker und meine Toleranz für das andauernde Ziehen im Rücken geringer. Mitte 2015 begann ich daher, Ärzte aufzusuchen. Mein erster Gang führte mich zu meinem damaligen Hausarzt. Dieser sprach von Verspannungen und verschrieb mir Schmerzmittel. Die Schmerzen blieben bestehen, weshalb mir derselbe Hausarzt – ein halbes Jahr später – andere (stärkere) Schmerzmittel verordnete. Beim zweiten Mal wartete ich nicht lange, um dem Arzt die fehlende Wirkung rückzumelden. Er änderte seine Diagnose sodann auf einen umgangssprachlichen. „Hexenschuss“. Er verschrieb sodann eine Physiotherapie.

Zunächst sah ich in der Physiotherapie die Lösung – ich freute mich, bald schmerzfrei zu sein. Nach meinen zehn Übungs- sowie Massageeinheiten, stellte ich allerdings keine Besserung fest. Ich wurde vertröstet – so schnell würden die Übungen nicht Wirkung zeigen. Ich müsse sie mindestens 3 Monate, eher aber ein halbes Jahr ausführen, um eine heilende Wirkung zu erzielen. Obwohl dies für mich schwer hinzunehmen war – immerhin hatte ich insgesamt seit rund 2 Jahren Schmerzen – führte ich die Übungen, wie verordnet, durch.

Für euch Bechterewler, die das nun lesen, wird es keine große Überraschung sein, dass sich auch nach einem weiteren Jahr keine Besserung ergeben hatte. Ganz im Gegenteil: Die Schmerzen waren stärker geworden. Ungefähr Mitte 2016 war ein Durchschlafen nicht mehr möglich – ich wurde jede Nacht von Kreuzschmerzen geweckt. Ich erinnere mich schmerzlich zurück, wie ich mich verzweifelt hin und her winde, um eine schmerzfreie Position zu finden. Meistens war dies vergeblich. Diverse Schmerzmittel hatte ich lange nicht mehr im Gebrauch – wer braucht schon Magenschmerzen zum Kreuzschmerz dazu?

Um den Jahreswechsel 2016/2017 musste ich erneut den Mut fassen, Ärzte aufzusuchen. Mein Vertrauen in Hilfe war allerdings schon recht gering. Dieses Mal sollte eine orthopädische Ordination her – da sind ja die Spezialisten… oder?
Ich schilderte also meine Leidensgeschichte einer Orthopädin, erzählte, was ich schon alles unternommen hatte und das alle bisherigen Versuche, eine Besserung zu erzielen, gescheitert waren. Nie vergesse ich den irritierten Blick, begleitet von den Worten „Komisch – sie sind doch zu jung für solche Kreuzschmerzen!“ Diesen Satz hörte ich in den darauffolgenden Besuchen immer wieder. (Ja, dieser Satz blieb mir so stark im Gedächtnis, dass er es bis zum Titel für diese Zeilen hier geschafft hat. 😉) Nach diesen Worten folgte immer die Deutung, mich auf die Liege zu legen, wo sie mit raschen und schnellen Griffen „herum-knackste“. Kam sie zu jener Stelle, die mir schon so lange wehtat, musste ich – es sei hier angemerkt: als relativ schmerzunempfindliche Person- unkontrolliert Aufschreien. Im Nachhinein würde mich mal interessieren, ob das – für meine eigentliche Diagnose – nicht fahrlässig war…

Nachdem ich dieses Prozedere bei besagter Orthopädin drei- bis viermal durchlebte, ohne je Besserung zu erleben, war ich am Ende: Sodann gab ich einfach auf. Ich stellte die Besuche bei Ärzten ein, lebte mit dem Schmerz, ließ mich vom nächtlichen „Wälzen“ zermürben.
Es war mein (jetziger) Ehemann, der dies Ende 2017 nicht mehr mitansehen wollte. Da ich keine Kraft und keinen Mut mehr hatte, weitere Ärzte aufzusuchen, übernahm er dies für mich. Er suchte mir einen kompetent und freundlich aussehenden Orthopäden (online) heraus und motivierte mich, es ein letztes Mal zu versuchen. Und ich bin ihm unendlich dankbar dafür.

poelten87

Der neue Orthopäde sagte mir kein einziges Mal, ich sei „zu jung“ für Kreuzschmerzen. Er hörte aufmerksam zu und hatte sofort den Verdacht auf Morbus Bechterew. Ich setzte mich sodann mit dieser Erkrankung allein, als auch mit dem Arzt und gemeinsam mit meinem Mann auseinander. Und ich war sofort sicher: Das musste es sein! Nach der HLA-B27 Bestimmung, welche positiv ausfiel, bestand für mich kein Zweifel mehr. Ich erinnere mich noch, als ich den Befund bekam, und weinend zu meinem Mann meinte „Ich will kein Krüppel sein“. Später konnte ich reflektieren, dass es in dieser Aussage nicht um den realistischen Krankheitsverlauf ging, sondern vielmehr um einen Druckabfall, weil ich mich endlich am richtigen Weg fühlte.

Von meinem Orthopäden wurde ich dann an einen Rheumatologen verwiesen, durch den MRT-Untersuchungen stattfanden. Meine Geduld wurde noch einmal auf die Probe gestellt: Im ersten MRT konnte keine Entzündung festgestellt werden: Weder am Iliosakralgelenk noch an den Lendenwirbelkörpern. Mein Rheumatologe nahm meine Wahrnehmungen allerdings – zum Glück! – sehr ernst. Deshalb ließ er sich nochmals genau zeigen, wo der Schmerz sitzt, und ordnete dann eine Untersuchung der Brustwirbelkörper an. Und siehe da: Am miterfassten Lendenwirbelkörper 1 war ein Markraumödem zu sehen. Das ist nichts, worüber man sich eigentlich freuen würde – aber ich war überglücklich. Denn das hieß: Endlich eine Diagnose!

So lebe ich seit Mitte 2018 mit einer nach fünf Jahren diagnostizierten SpA (Morbus Bechterew) im Anfangsstadium. Nach Medikation mit Enbrel sind meine Kreuzschmerzen endlich Geschichte! Endlich bleibt wieder Zeit, das Leben zu genießen!