Morbus Bechterew

Walter Guttmann - mit Leib und Seele

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Die Region Neusiedler See ist von vielfältiger Schönheit. Die Landschaft wurde durch die mit ihrer Umwelt in Einklang lebenden Menschen geschaffen. Vielfältig geprägt von Schilf, Wasser und den in den Hügeln gelegenen Weingärten.

Es war eine abwechslungsreiche Kindheit, die Walter Guttmann in seiner Heimat Weiden am See erlebte. Zu jener Zeit ist Weiden ein typisches „Sesseldorf“ gewesen. Sesseldorf? Vor jedem Haus stand ein Sessel, auf dem die Waren den vorüberfahrenden Ausflüglern und Touristen zum Kauf angeboten wurden. Obst, Gemüse, Wein und aus Stroh Selbstgeflochtenes. Alles wurde von den Bauern selbst erzeugt. Vor dem Haus der Familie Guttmann stand auch der obligate Sessel um das Einkommen aufzubessern. In jeder Familie prägt ein außergewöhnlicher Mensch die kommenden Generationen. Der Großvater war so ein Mensch und Walter hat ihn als besonderen Menschen sehr geschätzt.

Im landwirtschaftlichen Mischbetrieb der Eltern mit 5,5 ha Wein und 7,5 ha Äcker wurden die Kinder schon frühzeitig in die Arbeit eingebunden. Um vieles galt es sich zu kümmern, die Tiere, die Heuernte und den Weinbau. Den Weinbau liebte Walter, wie das Traktorfahren, von allen Tätigkeiten am meisten. Wie bei Bauern üblich wurden die Kinder in jungen Jahren ab 13 Jahren zum Traktorfahren angelernt. Die Liebe zur Technik, speziell der zu alten Traktoren, wurde in diesen Jahren in ihm gelegt. Sein Leben entwickelte sich ganz natürlich den Traditionen eines Landwirtes im Seewinkel entsprechend. Mit 16 ist er in die Volkstanzgruppe eingetreten und wurde Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Seine vielen Talente hatten seine Kameraden schnell erkannt. Walter war im Laufe der Zeit Vorstandsmitglied und Gerätemeister der Freiwilligen Feuerwehr, und natürlich ist er auch heute noch Mitglied.

Im Laufe der Jahre hat er erkannt, so kann es mit der Landwirtschaft nicht weitergehen, mit dieser Größe hat sie keine Zukunft zum Überleben. Durch eine Knochenfraktur, verbunden mit einem Krankenhausaufenthalt, hat sich im Gespräch mit Mitarbeitern des Krankenhauses 1991 die Chance auf eine Anstellung als Portier und als Mädchen für alles eröffnet.

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Die ersten Anzeichen dass gesundheitlich bei Walter etwas nicht stimmt, hatte er bei schweren körperlichen Arbeiten in der Landwirtschaft durch tiefsitzenden Rückenschmerz, schon in jungen Jahren. Wie in bäuerlichen Kreisen üblich, wurden die Beschwerden auf die schwere Arbeit zurückgeführt. Im Laufe der Jahre wurden die Schmerzen immer stärker. Die Doppelbelastung der Arbeit im Krankenhaus und die Landwirtschaft im Nebenerwerb zu führen wurde zu groß und verstärkten seine gesundheitlichen Probleme. Die Krankheit explodierte förmlich und machte sich in Schüben mit Gelenksschmerzen und Fieber bemerkbar. Aber welche Erkrankung ist es?

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In den Jahren 94 und 95 ist es Walter dann sehr schlecht gegangen, die Gelenke machten ihm massive Beschwerden. Durch Gespräche im Krankenhaus wurde er darauf aufmerksam gemacht und es wurde ihm dringend empfohlen, einen Arzt aufzusuchen. Der Hausarzt hat ihn zum Orthopäden geschickt. Der Orthopäde schickte Ihn nach Lainz zum Rheumatologen
Prof. Dr. Ebner.
1995 stand dann die Diagnose nach harten, ungewissen Jahren fest: „Morbus Bechterew“ mit Gelenksbeteiligung. Mit Bechterew leben lernen war eine Aufgabe der sich Walter nun stellen musste und es war schwer, von vielem was vorher selbstverständlich war, Abschied zu nehmen. Die Arbeit in der Landwirtschaft langsam zu verringern war ein erster Schritt, durch die ersten Verpachtungen und Aufgabe des Viehbestandes sich langsam aus dem bäuerlichen Leben zurückzuziehen.
Der Verlauf seines Bechterews machte ihm schwer zu schaffen und erst mit den Biologicals konnte Walter wieder eine gute Lebensqualität erreichen. Er fuhr auf seine ersten Kuren, trat in die ÖVMB ein und lernte mit dem Morbus Bechterew zu leben. Er wurde Therapiegruppenleiter in Eisenstadt. Regelmäßige Gymnastik, viel gehen, die Gemeinschaft und die Gespräche mit anderen Betroffenen gehören zu seinem Leben. Es war nun Zeit, endgültig Abschied von der Landwirtschaft zu nehmen. Im Jahr 2000 wurde der letzte eigene Wein gepresst und 2009 wurden die restlichen Gründe verpachtet. Die Arbeit im Krankenhaus mit den 12 Stunden-Schichten an bis zu 3 Tagen hintereinander lassen keine Nebentätigkeit mehr zu.

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Die Liebe zum eigenen Grund und Boden, zur Landwirtschaft ist fest in Walter verwurzelt und ist ein Teil von ihm. Neben seiner Arbeit hat er nun genug Zeit, seiner Leidenschaft dem Traktor restaurieren und damit unterwegs zu sein zu frönen. Er ist Mitglied im Oldtimer Traktor Club Pannonia mit ca. 180 Mitgliedern. Die Traktoren waren alle am eigenen Hof in Betrieb. Zwei davon glänzen neu restauriert in der Garage. Ein Steyr T 84 mit 18 PS Baujahr 1961 von seinem Großvater angeschafft, und ein Steyr T 180 mit 26 PS Baujahr 1948. Die zwei anderen warten noch auf ihre Restaurierung.