Morbus Bechterew

Internetmedizin

Informationen zur Medizin aus dem Internet sind Standard geworden. Nach den neuesten Statistiken konsultieren bereits weit mehr als die Hälfte aller Nutzer die Gesundheits-websites. Die Patienten möchten bei medizinischen Entscheidungen eine aktivere Rolle spielen, das ist einer der Hauptgründe für das große Interesse.

Unser Gesundheitswesen lässt die Patienten oftmals in ihrem Alltag komplett auf sich selbst gestellt. Sobald sie die Stationen des Gesundheitswesens – Krankenhaus, Arztpraxis, Apotheke verlassen haben, sind sie meistens alleine. Aber auch Enttäuschung über ausbleibende Behandlungserfolge, die Vertrauensverluste in medizinische Einrichtungen und Behandlungsmethoden, dazu noch mangelnde Aufklärung durch unter Zeitdruck stehende Ärzte lassen die Internet User beim Cyberdoc um Rat fragen.

Das Internet revolutioniert den Umgang mit Medizin. Es bietet faszinierende Möglichkeiten für die Information und Kommunikation rund um Gesundheit und Krankheit: Von den Suchmaschinen, über Portale zur Bewertung von Ärzten und Krankenhäusern bis hin zum neuesten Trend, dem Management der eigenen Gesundheit über Apps. Es ist eine völlig neue Art der Medizin und verändert die Welt aller Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind.

Die Veränderung betrifft Patienten, Ärzte, Therapeuten aber auch Institutionen wie die Krankenkasse und Apotheker. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung birgt Chancen aber auch viele Risiken. Es gibt großartige Entwicklungen, die uns als Patienten nutzen. Und es gibt große Risiken, die von nutzlosen Gesundheitstipps bis zu lebensgefährlichen Therapieangeboten reichen. Eine Kontrolle der Internetmedizin findet leider bisher nicht statt.

„Die Digitale Medizin ersetzt nicht den direkten Kontakt zwischen Arzt und Patient“
Über 2 Millionen Menschen - alleine in Österreich – nutzen regelmäßig Websites, Apps, Foren und andere digitale Angebote, um sich über Erkrankungen und Therapieoptionen zu informieren. Mit Blick auf die zahlreichen Internetforen, in denen sich Patienten inzwischen informieren, wünschen sich die Ärzte die Einführung von mehr seriösen Angeboten. Klar ist auch, dass die Ärzte diese Entwicklung nicht nur als Beobachter verfolgen dürfen: "Wir müssen die Menschen dort abholen, wo sie sind: im Internet."
Fest steht, dass das Internet die Medizin in Zukunft mit prägen wird. Diese digitalen Leistungen werden sich jedoch nicht in das jetzige Gesundheitswesen integrieren lassen. Aufgrund der großen Anzahl der Nutzer wird von ihnen aber eine erhebliche Marktmacht ausgehen.

"Eine App kann wirken wie ein Medikament" Der Berliner Arzt Markus Müschenich, Vorstand des Bundesverbands Internetmedizin, sieht Medizin-Apps als große Chance.

Ampel

Viele Patienten haben sich schon entschieden. Sie wollen diese neuen Werkzeuge der Medizin nutzen.
Sind die Patienten wirklich bereit für diese Anwendungen? Bereits 30 % der Siebzigjährigen nutzen das Internet, die Tendenz ist stark steigend. Der größte Teil der Patienten wird bald Zugang zur Internetmedizin haben. Und immer häufiger bringen Kranke ihre neueste Online-Recherche mit in die Arztpraxis. Über die Hälfte der Patienten ist schon einmal vorinformiert ins Beratungsgespräch gegangen, wie eine Umfrage ergeben hat. Die Hälfte hat den Eindruck, der Arzt könne gut damit umgehen, aber ein Viertel glaubt immerhin, als Laie den eigentlichen Experten zu überfordern. Damit liegen sie wahrscheinlich richtig.

Täglich 800 neue Fachartikel
Der Druck auf die Ärzte ist groß. So bietet zum Beispiel Medline, die führende medizinische Datenbank, eine Auswahl unter fünf Millionen Fachartikeln, jeden Tag kommen 800 hinzu. Mit diesen Zahlen machte Martin Fischer von der Medizinischen Klinik der Universität München deutlich, dass die Informationsflut mit herkömmlichen Lese- und Lerngewohnheiten nicht zu bewältigen ist.

Speziell Patienten mit chronischen Erkrankungen sind in vielen Fällen besser über die Details Ihrer Krankheit informiert als Ihr betreuender Hausarzt. Der Patient beschäftigt sich aber nur mit seinem eigenen spezifischen Krankheitsbild und ist zumeist bei Spezialisten in Behandlung. Zusatzinformationen werden noch im Netz geholt. Kommen diese Patienten zu Ihrem meistens überlasteten Hausarzt sind die Probleme vorprogrammiert. Der Hausarzt muss im Tagesverlauf eine Fülle von verschiedenen Krankheiten in kurzer Zeit und möglichst fehlerfrei diagnostizieren. Meistens ist er nicht in der Lage, den über seine spezifische Krankheit informierten Patienten alle Fragen sofort beantworten zu können. Das ist eines der gravierenden Probleme, die die Internetmedizin zwischen Arzt und Patient aufwirft. Arzt und Patient müssen versuchen, den Weg miteinander zu gehen.
Infos sind teilweise falsch oder veraltet

Krankenkassen und Ärzte sehen die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Einerseits wünschen sie sich den mündigen Patienten, andererseits lassen Onlineangebote häufig zu wünschen übrig. Informationen sind teilweise falsch oder veraltet, vielfach ist nicht ersichtlich, wer hinter den Websites steht, oder es stecken kommerzielle Angebote hinter den vermeintlich objektiven Auskünften.
Markus Korn