Morbus Bechterew

Ergebnisse der 1. ÖVMB-Umfrage:

Einblick in die Perspektiven unserer Mitglieder und Betroffenen

Wir freuen uns, Ihnen die Ergebnisse der 1. ÖVMB-Umfrage vorzustellen, welche einen Einblick in die Perspektiven und Ansichten unserer geschätzten Mitglieder und Betroffenen gewähren. Die Umfrage erstreckte sich über einen Zeitraum vom 16. Dezember 2022 bis zum 31. Jänner 2023 und erfreute sich einer überaus erfreulichen Beteiligung von 354 Teilnehmern, die den umfangreichen Fragebogen mit insgesamt 43 Fragen ausgefüllt haben. Besonders stolz sind wir darauf, dass diese Umfrage erstmals online über die ÖVMB-Website durchgeführt wurde, was zu einer höheren Zugänglichkeit und Teilnahme geführt hat.

An dieser Stelle möchten wir uns im Namen aller Betroffenen herzlich für die herausragende Unterstützung und die wertvollen Beiträge bedanken. Ihre Teilnahme hat die Umfrage zu einem wertvollen Instrument gemacht, das uns erlaubt, besser zu verstehen, wie wir als Organisation und Gemeinschaft effektiver für Ihre Anliegen eintreten können.

Ergebnisse richtig lesen

Wir haben jede Stimme gezählt!
Die Ergebnisse dieser bedeutenden Umfrage sind umfassend und detailliert, sodass das gesamte Umfrageergebnis 18 Seiten umfasst.

Sie finden in den Auswertungen auch "falsche Angaben". Was ist damit gemeint?
Die "falschen Angaben" kann man auch Themaverfehlung nennen. Wir haben so viele Lebenserfahrungen, Sorgen und Nöte in den freien Zeilen von Ihnen vorgefunden. Diese Zeilen konnten zur Fragestellung nicht gezählt werden. Es hat uns gezeigt, wie wichtig eine Umfrage für Sie war und hoffentlich in Zukunft wieder sein wird!

Damit Sie einen tieferen Einblick in die Ergebnisse erhalten und von den Erkenntnissen profitieren können, benutzen Sie den unten angeführten Link.

Kommentar zu den Umfrageergebnissen

Mag.a Doris Wolf

Doris_Wolf

„Als Klinische Psychologin bin ich u.a. darin ausgebildet, Menschen mit chronischen Erkrankungen professionell zu begleiten: Insbesondere bei Erst-Diagnosestellung, in Zeiten von Schüben, während besonders belastender Situationen im Leben, wie auch bei chronischen Schmerzen, chronischem Stress, Zukunftsängsten, Depressionen usw. Seit mehr als 15 Jahren beschäftige ich mich speziell mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sowie entzündlichen Darm- und Hauterkrankungen, kommen Menschen mit diesen Erkrankungen zu mir in die Praxis.“

Umfragen in Selbsthilfevereinen hat es schon öfters gegeben. Doch diese eine hat mich enorm beeindruckt: Das Besondere an dieser Umfrage ist, dass die hier gestellten Fragen, von Menschen mit Morbus Bechterew formuliert und ausgewertet wurden – sozusagen den ExpertInnen in eigener Sache.



Kommentar zu den Umfrageergebnissen

Von den Umfrage-TeilnehmerInnen befinden sich dreiviertel im erwerbstätigen Alter. Häufig tritt die Erkrankung zwischen dem Berufseintrittsalter bzw. während der weiblichen fruchtbaren Jahre erstmals auf. Während Lebensphasen, in denen Menschen im Leben oft sehr gefordert sind, den Belastungen des Lebens verstärkt ausgesetzt sind. Menschen mit Morbus Bechterew tragen, neben den Alltagsbelastungen, einen zusätzlichen Rucksack - ihre Krankheitslast. Umso wichtiger ist es, zur Verbesserung der Gesundheit, GVA- bzw. REHA-Aufenthalte zu absolvieren. Der Großteil der Umfrage-TeilnehmerInnen blickt bereits auf Erfahrungen mit GVA- bzw. REHA-Aufenthalten zurück. Sowohl die Radontherapie als auch die Kältetherapie werden als hilfreich eingestuft, die Kältetherapie wird von den Menschen in dieser Umfrage nicht so gut angenommen. Der überwiegende Teil bevorzugt die Radontherapie im Gasteinertal und begründet dies mit erfahrener Schmerzlinderung, Verbesserung der Beweglichkeit sowie der Reduktion von Medikamenten. Dieselben Benefits werden nach Kältetherapien berichtet. Nicht allen PatientInnen ist es möglich, wunschgemäß jährlich eine GVA/REHA im Gasteinertal bewilligt zu bekommen. Mehr als die Hälfte der Umfrage-TeilnehmerInnen wäre bereit privat zu reisen, wenn zumindest die Behandlungskosten von den Krankenkassen übernommen würden. Möglicherweise könnten durch Bereitstellung vermehrter Informationen zur Kältetherapie, weitere Menschen davon profitieren.

Spannend fand ich persönlich, dass beinahe die Hälfte der Umfrage-TeilnehmerInnen psychologische Betreuung in Anspruch nehmen würde, die Hälfte davon sich sogar mehr als 3 Termine während des Aufenthaltes wünscht. Rund ein Drittel wünscht sich Vorträge zu psychologischen Themen sowie mehr Informationen über Sexualität. Für mehr als zwei Drittel hat das Thema „Sexualität“ einen sehr wichtigen bis wichtigen Stellenwert bezüglich Lebensqualität. Mehr als die Hälfte ist interessiert an Vorträgen über die Erkrankung selbst. Hier stellt sich die Frage, ob eher aus medizinischer Sicht (Krankheitsentstehung, Behandlung) oder aus psychologischer Sicht (Krankheitsbewältigung, Verbesserung des Umganges mit der Erkrankung, Angstreduktion, Stressreduktion, Lebensqualitätsverbesserung) oder möglicherweise aus beiden Blickwinkeln? Das größte Interesse in Vorträgen gilt neuesten Forschungsergebnissen wie Informationen bezüglich neuer Medikamente, wobei die meisten eine Vortragszeit von rund einer halben Stunde bevorzugen.

Bisher lag der Focus der Medizin vor allem darin, Krankheitsaktivität, Ausmaß der Schmerzen und Funktionalität zu optimieren (Biomedizin). Die Verbesserung der Lebensqualität (patient-related-outcomes: PROs) kam dabei oft zu kurz. Beim diesjährigen EULAR-Kongress standen erstmals die Bedürfnisse und Anliegen, die Lebensqualität der PatientInnen thematisch im Vordergrund (PROs). Wie könnten die einzelnen Komponenten, die zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen (Biopsychosoziale Medizin), besser erfasst werden, als durch Fragen, die von den PatientInnen selbst, den ExpertInnen in eigener Sache, formuliert wurden?

Ich gratuliere dem Vorstand, dem Team wie den Mitgliedern der ÖVMB zu dieser ersten, enorm wichtigen Umfrage und hoffe, dass der Pioniergeist dafür offen ist, weitere Stimmungsbilder zur Verbesserung der Lebensqualität einzufangen. Damit wir Gesundheitsberufe unsere Ohren für PatientInnen-Anliegen noch weiter öffnen können und noch besser helfen und unterstützen zu können – um eine bestmögliche Lebensqualität erreichen zu können.

Mag.a Doris Wolf
Klinische Psychologin & Gesundheitspsychologin
Biofeedbacktherapeutin
Sexualpsychologin
Klinische Hypnose
praxis@doriswolf.at



Verfasser&Design: Martina Neubauer